Wittlich (ots) –
Nach zuletzt zahlreichen Unternehmensinsolvenzen fielen kürzlich die nächsten Akteure der anhaltenden Pleitewelle in der Baubranche zum Opfer: So traf es die Wittlicher MW Construkt sowie die Hellenthaler Schwesterunternehmen MW Groundtec. Obwohl die deutsche Infrastruktur sanierungsbedürftig ist, müssen immer mehr Straßen- und Brückenbauer Insolvenz anmelden – nicht selten nur deshalb, weil sie sich von Bauherren an der Nase herumführen lassen.
Oftmals berechnen sie weit weniger, als ihnen eigentlich zustünde. Das ist vor allem dann der Fall, wenn es um Nachtragsangebote geht. Immer wieder kommt es hier beispielsweise dazu, dass sich Auftragnehmer und Auftraggeber zunächst nur dem Grunde nach einigen – die genaue Vergütung steht also im Raum. Die Zeit, in der man sich solche Nachlässigkeiten und übermäßige Gutmütigkeit leisten kann, ist aber spätestens jetzt vorbei. Wie Handwerker von der Ankündigung bis zur Prüfung eines Nachtragsangebots vorgehen sollten und mehr finanzielle Fairness erlangen, wird nachfolgend erklärt.
Überblick: In diesen Situationen kommt ein Nachtragsangebot infrage
Für viele Handwerker gehört es zum Alltag: Während eines Projekts ändern sich plötzlich die Anforderungen, was mit erheblicher Mehrarbeit einhergeht. Dass diese entsprechend entlohnt wird, wird durch den Bauherr zugesichert; doch die genaue Höhe der Vergütung bleibt unklar. Spätestens nach dem Projektabschluss beginnen dann hitzige Diskussionen – und nicht selten enden sie für den Handwerker mit Verlusten.
Vor diesem Szenario soll das Nachtragsangebot schützen. Dabei kalkuliert der Handwerker, welche Kosten er für die Mehrarbeit veranschlagt. Gleichzeitig sollte die Beziehung zum Auftraggeber nicht belastet werden. Es ist daher zentral, sämtliche Forderungen nachvollziehbar zu begründen. Bei VOB-Verträgen werden Nachtragsangebote sogar rechtlich durch die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen geregelt.
Ablauf: Diese Schritte sind für ein Nachtragsangebot notwendig
Um eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber zu ermöglichen, sollten Handwerker ihr Nachtragsangebot sorgfältig vorbereiten. Den ersten Schritt stellt dabei immer die Nachtragsankündigung dar. Die VOB sieht eine unverzügliche Inkenntnissetzung des Bauherrn vor, sobald ein Nachtrag geltend gemacht werden kann. Diese Mitteilung sollte zeitnah erfolgen, damit möglichst viel Zeit zur Erarbeitung einer fairen Lösung bleibt.
Anschließend muss der Handwerker sein Angebot erstellen. Bei diesem Schritt ist Sorgfalt und Nachvollziehbarkeit überaus wichtig, um die eigenen Ansprüche durchzusetzen. Ein Anschreiben mit der Argumentation, detaillierte Leistungsverzeichnisse und Kalkulationsgrundlagen verleihen der Forderung Professionalität und Nachdruck.
Der dritte Schritt umfasst das Einreichen der gesammelten Dokumente beim Auftraggeber zur Prüfung. Dabei gilt: Je übersichtlicher und nachvollziehbarer das Nachtragsangebot aufbereitet wurde, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für die Zustimmung des Bauherrn.
Im letzten Schritt findet schließlich die ausführliche Prüfung der Unterlagen durch den Auftraggeber und seine Architekten statt. Diese umfasst eine Sach- und eine Preisprüfung. Während die erste den grundsätzlichen Anspruch auf einen Nachtrag kontrolliert, werden in der zweiten die Preise beurteilt. Ist der Bauherr mit dem Angebot einverstanden, wird der Nachtrag offiziell bestätigt.
Umsetzung: So führt das Nachtragsangebot zum Erfolg
Die folgenden Handlungsempfehlungen unterstützen Handwerker beim Erstellen eines erfolgreichen Nachtragsangebots. Zunächst müssen Betroffene darauf achten, dass sie ihre Forderung klar und nachvollziehbar formulieren. Transparente Nachweise der Grundlagen für die Kalkulation untermauern anschließend das Nachtragsangebot. Handwerker müssen sich bewusst machen, dass die Kalkulation über den weiteren Verlauf des Vorgangs entscheidet. Oberflächliche oder unklare Begründungen verursachen in der Regel eine Ablehnung durch den Auftraggeber; dadurch zieht sich der Prozess unnötig hin.
Ein weiterer entscheidender Aspekt ist die Kommunikation. Nachtragsangebote sollten niemals unangekündigt präsentiert werden; stattdessen ist die frühzeitige Einbeziehung des Auftraggebers empfehlenswert. Auch Verhandlungsspielräume sind Teil eines erfolgreichen Nachtragsangebots. Ziel des Handwerkers sollte es sein, gemeinsam mit dem Auftraggeber zu einer fairen Lösung zu kommen.
Zuletzt kann ein Perspektivwechsel dabei helfen, Forderungen freundlich, aber bestimmt vorzubringen. Dafür sollten sich Handwerker nicht als Bittsteller für mehr Entlohnung sehen, sondern als Fachkräfte mit Schutz-, Hinweis- und Warnfunktionen, für die die reibungslose Projektrealisierung im Vordergrund steht.
Über Andreas Scheibe:
Andreas Scheibe ist geschäftsführender Gesellschafter mehrerer Unternehmen in der Baubranche und Gründer der Continu-ING GmbH aus Wittlich, einer Unternehmensberatung, die auf echte Lösungen für Handwerksunternehmen fokussiert ist. Er konnte schon zahlreiche Handwerksunternehmen dabei unterstützen, Verlustprojekten den Rücken zu kehren und Sicherheit in Bauabläufen zu erlangen. Die Mission von Andreas Scheibe und Continu-ING ist, das Handwerk zu neuer Stärke zu führen und Handwerkern zu helfen, Bauprojekte endlich stressfreier und profitabler durchzuführen. Mehr Informationen dazu unter: https://www.continu-ing.com/
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