Warum Nachhaltigkeit bei Fisch nicht auf dem Etikett endet

Hamburg (ots) –

Transparenz und Orientierung – das wünschen sich viele Verbraucherinnen und Verbraucher beim Einkauf von Fisch. Kein Wunder: Themen wie Nachhaltigkeit, Herkunft und Zustand der Fischbestände rücken stärker in den Fokus. Nachhaltigkeitssiegel und Umweltaussagen geben Verbrauchern dafür schnelle und einfache Hilfe beim Einkauf. Eine gute Idee – doch nur die wenigsten wissen, wieviel dahintersteckt. Julia Steinberg-Böthig vom Fisch-Informationszentrum e.V. (FIZ) und Dr. Kristina Barz vom Thünen-Institut für Ostseefischerei erklären, wie komplex die wissenschaftlichen Grundlagen für die Nachhaltigkeitsbewertung von Fisch und Meeresfrüchten sind.

Ein einfaches Siegel auf der Verpackung, dazu ein kurzer Aussagesatz „stammt aus einer nachhaltigen Fischerei“ sind auf vielen Produkten im deutschen Markt anzutreffende Verpackungsangaben beim Kauf von Fisch und Meeresfrüchten. Doch hinter dieser einfachen Form der Nachhaltigkeitskennzeichnung steckt ein sehr komplexes System der Nachhaltigkeitsbewertung. In der Fischerei spielen dabei viele Faktoren eine Rolle, vor allem Fangmethode, Herkunft, Bestandssituation und Bewirtschaftung. Oft ist es gerade die Kombination dieser Aspekte, die dann tatsächlich über die Nachhaltigkeit entscheidet. Das wissen insbesondere Expertinnen und Experten aus der Branche, die sich seit Jahren intensiv mit dem Thema auseinandersetzen.

Wie bewertet man einen Fischbestand?

„Ob ein Produkt aus einer nachhaltigen Fischerei stammt, lässt sich nur bewerten, wenn man eine Vielzahl von Daten für den konkreten Fischbestand vorliegen hat“, sagt Dr. Kristina Barz vom Thünen-Institut für Ostseefischerei. Der Expertin nach benötigt es zur Bewertung des Bestandes wissenschaftliche Daten, die mit großem Aufwand unabhängig erhoben und ausgewertet werden müssen. Dazu zählen zum Beispiel Erkenntnisse über die Größe und Zusammensetzung des Fischbestandes und die Menge, die jährlich durch Fischerei entnommen wird. Diese und weitere Daten werden in Zeitreihen zusammengefasst und dann im Kontext von anderen Einflüssen, wie zum Beispiel dem Klimawandel und dem ökologischen Zustand eines Gewässers, durch Wissenschaftler bewertet. Diese Bewertung stellt die Grundlage für das Fischereimanagement, die Festlegung von Fangquoten und letztendlich auch die Nachhaltigkeits-Kennzeichnung dar.

Fischbestände Online: Eine Datenbank für fundierte Information

Im Jahr 2008 haben sich die deutschen Hersteller und der Handel durch eine freiwillige Vereinbarung dazu verpflichtet, mehr Angaben zu Art und Herkunft von Fisch- und Meeresfrüchteprodukten auf der Verpackung anzugeben, als dies vom Gesetzgeber verlangt wird. Damit können deutsche Verbraucher, anders als in vielen anderen europäischen Ländern üblich, direkt auf der Verpackung nachlesen, welchen Fisch sie heute essen und wo dieser herstammt. Parallel dazu haben Hersteller und Handel das nationale Informationsportal Fischbestände Online (www.fischbestaende-online.de) initiiert, das vom Thünen-Institut für Ostseefischerei wissenschaftlich gepflegt wird. Fischbestände Online bündelt wissenschaftlich geprüfte Daten zu allen Aspekten der nachhaltigen Nutzung von wildem Meeresfisch – ohne eigene Bewertung, aber mit konkreten Fakten. „Wer sich etwa für Seelachs oder Hering interessiert, findet hier die aktuellen Beurteilungen der Bestandssituation in den verschiedenen Fanggebieten“, erklärt Dr. Kristina Barz. Die Expertin ist maßgeblich verantwortlich für die Pflege der Datenbank und warnt daher davor, komplexe Sachverhalte zu stark zu vereinfachen. „Ein und dieselbe Art kann schließlich sowohl aus nachhaltigen als auch aus weniger nachhaltigen Quellen stammen.“

Wissen, was drinsteckt – auch für Fachleute wichtig

Um Verbrauchern die Möglichkeit zu geben, die wissenschaftlichen Grundlagen für die Bewertung eines Produktes nachvollziehen zu können, ist es also unabdingbar den genauen Fischbestand zu kennen. Unter dem passenden wissenschaftlichen Artnamen des Fischs und der Angabe zum Fanggebiet, z.B. als FAO-Fanggebietsnummer oder als Beschreibung des Fanggebiets mit einem geläufigen Namen, stehen auf Fischbestände Online alle relevanten Daten und Fakten zur Verfügung, auf denen die Nachhaltigkeitsbewertung beruht.

Nicht nur Verbraucher profitieren von solchen Informationsangeboten. Auch die Hersteller und der Handel nutzen diese Datenbank, um ihren Rohwareneinkauf und Produktformulierungen nachhaltig auszurichten. Die Datenbank bringt für die professionellen Anwender den Vorteil mit sich, dass sie hier einen umfassenden Überblick über die auf dem Rohwarenmarkt angebotenen Herkünfte bekommen. Damit können die Unternehmen jederzeit nach Alternativen suchen, wenn sich die Bewertung eines Bestandes ändert. Das ermöglicht es den Herstellern, stets die geeignetste Rohware einzusetzen und im Markt anzubieten. Ernährungswissenschaftlerin Julia Steinberg-Böthig vom Fisch-Inforationszentrum: „In Sachen Nachhaltigkeit bei Fisch und Meeresfrüchten liegen wir in Deutschland ohnehin schon weit vorn.“ Das gemeinsame Ziel: Mehr Auswahl aus einem großen Angebot von nachhaltigen Optionen.

Verbraucherwunsch: Einfach verständlich, aber nicht falsch vereinfacht

Dem Wunsch von Verbrauchern nach einfach verständlichen und dennoch faktenbasierten Umweltaussagen auf Produktverpackungen kommt der europäische Gesetzgeber jetzt auch mit einer neuen Richtlinie nach. Diese schreibt ab September 2026 vor, dass die Hersteller ihre Umweltaussagen auf der Produktverpackung durch wissenschaftliche Grundlagen belegen müssen und Nachhaltigkeitssiegel einer Reihe von Qualitätskriterien genügen müssen. Die deutsche Fischwirtschaft unterstützt diesen Plan der EU ausdrücklich – insbesondere, wenn er zu mehr Klarheit beiträgt. Wichtig ist laut Experten jedoch, dass die Komplexität in der Nachhaltigkeitsbewertung von Fischereiprodukten nicht ausgeblendet wird. „Nachhaltigkeit ist eben kein fixer Wert, sondern ein Zusammenspiel vieler Faktoren, die sich laufend verändern“, so Steinberg-Böthig. „Da wir im deutschen Markt und damit auch unsere Verbraucherinnen und Verbraucher jetzt aber schon mehr als 17 Jahre Übung darin haben, Produkte anhand von Siegeln und Umweltaussagen auszuwählen, sehen wir der neuen Gesetzgebung sehr positiv entgegen“, sagt Steinberg-Böthig.

Pressekontakt:
Fisch-Informationszentrum (FIZ) e.V.
Dipl. oec. troph. Julia Steinberg-Böthig
Große Elbstraße 133
D-22767 Hamburg
Tel. 040 / 389 25 97
Mobil: 0151 420 360 58
Mail: [email protected]
Web: www.fischinfo.de
Original-Content von: FIZ Fisch-Informationszentrum e.V., übermittelt durch news aktuell
Quelle: ots

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